Neuen Bildungspläne in Hamburg
02.06.2022
Schulsenator Ties Rabe wirbt für die neuen Bildungspläne - „Wir dürfen uns beim Thema „Leistung“ nicht wegmogeln“
Hamburg: Schulsenator Ties Rabe hat in der Hamburgischen Bürgerschaft für die neuen Bildungspläne geworben: „Hamburgs Schülerinnen und Schüler haben sich in den letzten elf Jahren im bundesweiten Vergleich Schritt für Schritt verbessert. Diese Leistungssteigerung basiert auf einer Schulpolitik, die den Unterricht verbessert und Leistung klug und umsichtig fördert und fordert. Gute Bildung und Leistung gehören untrennbar zusammen. Das ist manchmal unbequem, aber richtig – und vor allem ist es sozial gerecht. Die neuen Bildungsplanentwürfe setzen diese erfolgreiche Politik fort.“
Rabe stellte klar: „Wir werden uns nicht damit abfinden, dass Hamburger Schulabgänger in bundesweiten Vergleichen zwar aufgeholt haben, aber noch immer im Mittelfeld stecken. Wir werden uns nicht damit abfinden, dass zu viele Schülerinnen und Schüler bei Bewerbungsprüfungen an Rechtschreibtests scheitern, im Studium abgehängt werden, keinen Ausbildungsplatz finden oder nach Klasse 4 so schlecht lesen, dass sie schon am Schulbuch scheitern. Diese Ungerechtigkeiten beenden wir nicht, in dem wir Leistungsstandards bekämpfen, Klausuren weglassen und uns bei bundesweiten Prüfungen wegmogeln.“
Rabe weiter: „Wir wollen unsere Schülerinnen und Schüler auf das Leben in und auf eine Teilhabe an unserer Leistungsgesellschaft besser vorbereiten. Mit den neuen Bildungsplänen werden wir unsere Kinder und Jugendlichen liebevoll und klug fördern – und fordern. Für Kinder ist es ein großes Glück, wenn sie sich weiterentwickeln können, über sich hinauswachsen und neue Horizonte erreichen. Es macht Freude, Neues zu lernen und die eigene Wissbegier und Neugier zu entdecken. Leistung mag anstrengend sein, aber sie macht großen Spaß und öffnet die Zukunft. Darum geht es in unseren neuen Bildungsplänen.“
Erstmals werden deshalb die von der Kultusministerkonferenz vorgegebenen bundesweiten Bildungsstandards auch in den Hamburger Bildungsplänen berücksichtigt. Erstmals wird verbindlich geregelt, welche Themen in allen Schulen im Unterricht aufgegriffen werden sollen. Zudem sollen künftig weniger Klausuren ausfallen und ersetzt werden, die Rechtschreibung soll besser geübt und die Digitalisierung im Unterricht umgesetzt werden. Es geht aber auch um soziale Orientierung: Das Thema „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ und das Thema eines gelingenden Zusammenlebens mit Werten wie Toleranz, Gleichberechtigung und Solidarität zieht sich wie ein roter Faden durch alle Bildungspläne.
Rabe stellte aber auch klar: „Wir haben jetzt Entwürfe vorgelegt. Es sind gute Entwürfe. Aber es sind Entwürfe. Nichts ist in Stein gemeißelt. Wir haben über 150 Verbände zum Dialog eingeladen und um Verbesserungsvorschläge gebeten. Wir wollen diesen Dialog. Und wir werden mit Sicherheit auch Verbesserungsvorschläge übernehmen. Aber wir werden uns nicht abbringen lassen von unserem Ziel, Hamburgs Kinder und Jugendliche mit einer guten und anspruchsvollen Schulbildung auf das Leben in und die erfolgreiche Teilhabe an unserer Gesellschaft bestmöglich vorzubereiten. Und nach den Erfahrungen mit unseren bisherigen Bildungsreformen bin ich sicher, dass wir in zwei Jahren rückwirkend sagen: Eigentlich war es genau richtig.“
Die Überarbeitung der Bildungspläne war von SPD, Grünen, CDU und FDP im Rahmen des sogenannten „Schulstrukturfriedens“ einvernehmlich beschlossen worden. Das einvernehmliche Ziel war es, erstmals auch klare Inhalte für den Unterricht festzulegen und dadurch die bisherige abstrakte „Kompetenzorientierung“ mit klareren Vorgaben zu ergänzen. Entsprechend dieses Beschlusses hat die Hamburger Schulbehörde im März Entwürfe für neue Bildungspläne vorgelegt, die vor allem die neuen bundesweiten Standardvorgaben der Kultusministerkonferenz für alle Bundesländer auch in Hamburg berücksichtigen. Eingeflossen sind unter anderem auch Empfehlungen führender bundesdeutscher Bildungswissenschaftler, die in der Hamburger Mathematik-Expertenkommission Verbesserungsvorschläge für Unterricht und Klausurenpraxis erarbeitet hatten.
Die Rede von Schulsenator Ties Rabe im Wortlaut:
„Hamburgs Schülerinnen und Schüler haben sich in den letzten elf Jahren im bundesweiten Vergleich Schritt für Schritt verbessert. Die Zeiten sind vorbei, als Hamburg im Vergleich der 16 Bundesländer regelmäßig einen der hintersten Plätze belegte.
- In Englisch schafften unsere Schülerinnen und Schüler den Sprung auf einen der vorderen fünf Plätze.
- In Deutsch haben wir uns ins Mittelfeld vorgearbeitet – obwohl fast 30 Prozent der Hamburger Schülerinnen und Schüler zu Hause kein Deutsch sprechen und Hamburg und Bremen die meisten Schüler mit Migrationshintergrund haben.
- Und selbst in Mathematik haben wir uns vorgearbeitet und sind beim letzten Ländervergleich sogar knapp an Schleswig-Holstein vorbeigezogen.
Das ist eine große Leistung, zu der alle Schulgemeinschaften beigetragen haben. Das gilt insbesondere für unsere jüngste Schulform, die Stadtteilschule. Dafür sind wir alle sehr dankbar! Diese Leistungssteigerung hat aber auch mit einer Schulpolitik zu tun, die gute Bildung und Leistung fördert und fordert. Wir setzen auf gute Bildung und Leistung. Beides gehört untrennbar zusammen. Das ist manchmal unbequem, aber richtig – und vor allem ist es sozial gerecht.
· Gegen große Widerstände haben wir hamburgweit gleiche Abiturprüfungen durchgesetzt. Vorbei die Zeiten, als das Abitur in jedem Stadtteil, in jeder Schule komplett anders war. Damals gab es erheblichen Protest: das sei Gleichmacherei, die Freiheit der Bildung ginge verloren, Projektunterricht sei unmöglich. Heute wissen wir: Die Befürchtungen trafen nicht zu. Aber merken Sie etwas? Das sind genau die gleichen Argumente, die jetzt gegen die neuen Bildungspläne angeführt werden.
· Gegen große Widerstände haben wir vor Jahren durchgesetzt, dass Hamburgs Schülerinnen und Schüler in den Hauptfächern die gleichen Abituraufgaben bekommen wie Schüler in Niedersachsen, Bayern und Rheinland-Pfalz. Auch da gab es großen Protest der Bildungsszene: Unsere Schülerinnen und Schüler würden nun reihenweise durchfallen, wir würden sie überfordern, gerade Stadtteilschüler würden scheitern. Heute wissen wir: Unsere Angst war unberechtigt. Doch genau diese Argumente werden jetzt gegen die neuen Bildungspläne vorgebracht.
· Gegen große Widerstände haben wir durchgesetzt, dass die Rechtschreibung in Hamburg wieder gelernt und geübt wird. Das war damals ein besonderer Aufreger. „Wer das Diktat wieder einführen will, bereitet unsere Schüler auf eine Diktatur vor“, schrieben mir aufgebrachte Pädagogen. Rechtschreibung sei Pädagogik der 60er Jahre und in einer modernen Welt überflüssig, kritisierten Lehrerverbände. Wie erwartet – auch diese Argumente hören wir jetzt erneut gegen die Bildungspläne.
· Gegen große Widerstände haben wir durchgesetzt, dass der Lernstand aller Hamburger Schülerinnen und Schüler alle zwei Jahre sorgfältig mit wissenschaftlichen Tests überprüft wird. Was habe ich mir damals alles anhören müssen: „Vom Wiegen und Messen wird die Sau nicht fett“, Schule werde zu einem „teaching for the test“ – also „lernen nur für den Test“. Das sei Bulimie-Lernen usw. Exakt die gleichen Argumente hören wir jetzt erneut gegen die neuen Bildungspläne. Und gleichzeitig wissen wir, dass die Schulen unsere Hamburg-Tests mit dem schönen Namen KERMIT mittlerweile gern und lebhaft nutzen, um lernschwache Kinder zu erkennen und besser zu fördern und den Unterricht weiterzuentwickeln.
Die neuen Bildungsplanentwürfe setzen diese erfolgreiche Politik nahtlos fort. Es sind gute Entwürfe. Aber es sind Entwürfe. Nichts ist in Stein gemeißelt. Wir haben über 150 Verbände zum Dialog eingeladen und um Verbesserungsvorschläge gebeten. Wir wollen diesen Dialog. Und wir werden mit Sicherheit auch Verbesserungsvorschläge übernehmen. Warum sind es gute Entwürfe?
- Erstmals werden die von der Kultusministerkonferenz bundesweit vorgegebenen Bildungsstandards auch in den Hamburger Bildungsplänen berücksichtigt. Das ist wichtig, denn Hamburgs Schülerinnen und Schüler werden später vielleicht auch einmal in Bayern, Rheinland-Pfalz oder Schleswig-Holstein studieren oder arbeiten. Kleinstaaterei können gerade wir Hamburger uns nicht leisten.
- Durch klarere Vorgaben für den Unterricht beenden wir die Ungerechtigkeit, dass die Schülerinnen und Schüler in der einen Schule intensiv und gut lernen, während die Schüler in der Nachbarschule auch die einfachsten Standards nicht erreichen und in Studium oder Ausbildung scheitern.
- Und wir legen erstmals fest,
o dass künftig weniger Klausuren ausfallen und ersetzt werden dürfen
o dass wir mehr auf die Rechtschreibung achten
o dass die Digitalisierung im Unterricht wirklich umgesetzt wird
- Wir legen aber auch fest, dass Bildung einen Sinn hat. Das Thema „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ zieht sich wie ein roter Faden durch alle Bildungspläne.
- Genauso ist es bei den Grundwerten unserer Gesellschaft: Das Erlernen unseres Zusammenlebens, das Erlernen von Freiheit, Toleranz, Gleichberechtigung, Solidarität – das sind Werte, die im Unterricht künftig eine große Rolle spielen sollen. Eine solche „gesellschaftliche Orientierung“ der Bildungspläne gab es bislang noch nie.
Warum diese Änderungen? Sicherlich, weil wir einen gemeinsamen Beschluss der Bürgerschaft zum Schulfrieden umsetzen. Sicherlich, weil die Koalition es in ihrem Koalitionsvertrag versprochen hat. Sicherlich auch, weil sich führende Bildungswissenschaftler unseren Unterricht angesehen haben und eindringlich weitere Änderungen gefordert haben.
„Ihr übt zu wenig Klausuren“, so ihr Fazit. Es sei kein Wunder, dass Hamburgs Schülerinnen und Schüler bei Klausuren so schlecht abschneiden. Sie kritisierten auch, dass der Matheunterricht in Hamburg keine klaren Inhalte habe, jeder mache was er will. Sie forderten deshalb klare und einheitliche Vorgaben, sogar ein einheitliches Schulbuch. Alle diese Hinweise sind in die neuen Bildungspläne eingeflossen.
Doch der Hauptgrund für die neuen Bildungspläne sind weder Experten noch Bürgerschaftsbeschlüsse. Es geht vielmehr um unsere Schüler.
- Wir werden uns nicht damit abfinden, dass zu viele Hamburger Schulabgängerinnen und -abgänger nicht ihren Traumberuf erreichen, weil sie schon bei der Bewerbungsprüfung am allerersten Rechtschreibtest scheitern.
- Wir werden uns nicht damit abfinden, dass die ersten Universitäten darüber nachdenken, Abiturientinnen und Abiturienten aus bestimmten Bundesländern zu bevorzugen und andere zu benachteiligen, weil einige Bundesländer im Verdacht stehen, beim Abitur es den Schülerinnen und Schüler allzu leicht zu machen.
- Wir werden uns nicht damit abfinden, dass 60 Prozent der Schulabgängerinnen und -abgänger mit Haupt- oder Realschulabschluss direkt nach der Schule keinen Ausbildungsplatz finden.
- Und wir werden uns nicht damit abfinden, dass 20 Prozent der Schülerinnen und Schüler nach Klasse 4 so schlecht lesen, dass sie gerade eben ein Pixi-Buch lesen können und an jedem Schulbuch scheitern.
Diese schlimmen Ungerechtigkeiten beenden wir nicht, indem wir Klausuren weglassen, Leistungsstandards bekämpfen und uns bei bundesweiten Prüfungen wegmogeln. Dadurch wird alles nur noch schlimmer. Denn wenn die Schule ihr Bildungsversprechen nicht einlöst, dann werden selbstverständlich bildungsnahe, engagierte Eltern mit ihren Kindern zu Hause üben. Ihre Kinder können sich auch eine schwache Schule leisten. Aber Eltern, die das nicht leisten können – weil sie berufstätig sind, weil sie die deutsche Sprache nicht sicher beherrschen oder weil sie es selber in der Schule sehr schwer hatten – werden das nicht können. Ihre Kinder sind die Leidtragenden, wenn wir in ein Schulsystem zurückfallen, das unsere Kinder nicht auf die Anforderungen einer anspruchsvollen, hochkomplexen Leistungsgesellschaft mit anspruchsvollen Berufen und Studiengängen vorbereitet.
Wir leben in dieser Leistungsgesellschaft. Es ist nicht alles gut in dieser Gesellschaft, aber sie ist stark und erfolgreich. Sie alle, meine sehr verehrten Abgeordneten, sitzen hier, weil Sie sich diesen Leistungsanforderungen erfolgreich gestellt haben. Sie haben Wahlkämpfe organisiert, sie arbeiten konzentriert, stunden- und tagelang, und immer wieder müssen sie lesen, lesen, lesen, reden, reden, reden, schreiben, schreiben, schreiben.
Auf das Leben in dieser Leistungs-Gesellschaft und auf eine Teilhabe an dieser Leistungs-Gesellschaft bereiten die neuen Bildungspläne gezielt vor. Mit den neuen Bildungsplänen werden wir unsere Kinder und Jugendlichen liebevoll und klug fördern – und fordern. Für Kinder ist es ein großes Glück, wenn sie sich weiterentwickeln, über sich hinauswachsen und neue Horizonte erreichen. Es macht große Freude, Neues zu lernen und die eigene Wissbegier und Neugier zu entdecken. Leistung mag anstrengend sein, aber sie macht großen Spaß und öffnet die Zukunft. Darum geht es in unseren neuen Bildungsplänen.
Wir öffnen die Tür zum Dialog. Wir werden kluge Änderungsvorschläge gern aufnehmen. Und wir werden alle mitnehmen auf dem Weg zu unserem Ziel, Hamburgs Kinder und Jugendliche mit einer guten und anspruchsvollen Schulbildung auf das Leben und die erfolgreiche Teilhabe in unserer Gesellschaft noch besser vorzubereiten. Und nach den Erfahrungen mit unseren bisherigen Bildungsreformen, die anfangs mit genau den gleichen Argumenten wie heute abgelehnt wurden, bin ich sicher, dass die neuen Bildungspläne im nächsten Jahr eingeführt werden – und wir uns in zwei Jahren rückwirkend sagen: Eigentlich war es genau richtig.“
Senat Hansestadt Hamburg - Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB)

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