Künstliche Intelligenz spart Energie
29.08.2022
Berlin | München | Bremen: Schwimmbäder zählen zu den energieintensivsten öffentlichen Gebäuden. Um die Sport-, Gesundheits- und Freizeitangebote auch in Zeiten stark steigender Energiepreise weiter vorhalten zu können, sind die Betreiber stetig auf der Suche nach intelligenten Lösungen, ihre Kosten zu senken. Im niedersächsischen Saterland sowie in Barßel, Bad Zwischenahn und Steinfeld ist es einem örtlichen Lösungsanbieter und Partner von Siemens nun gelungen, den Energieverbrauch von vier kommunalen Bädern durch den relativ einfach und aufwandsarm nachrüstbaren Einsatz einer KI-basierten vorausschauenden Regelung der Lüftungsanlagen maximale Einsparpotenziale auszuschöpfen. Das in Saterland ansässige mittelständische Unternehmen HANSA Klimasysteme hat dazu in einem Forschungsprojekt gemeinsam mit der Hochschule Emden und Siemens eine Lösung unter Einsatz von Industrial Edge-Geräten und Edge-Applikationen von Siemens Digital Industries entwickelt. Im Freizeitbad Saterland und den erwähnten drei weiteren kommunalen Bädern wurden damit mindestens 20 Prozent Energie eingespart. Die intelligente Energiesparlösung aus dem Saterland hat sich inzwischen bis in die Hauptstadt herumgesprochen: Die Berliner Bäderbetriebe haben HANSA Klimasysteme beauftragt, die KI und Edge-Lösung dort ebenfalls in einem ersten Bad umzusetzen.
- Schwimmbäder im niedersächsischen Saterland senken Energieverbrauch um mindestens 20 Prozent
- Geringer Aufwand durch Einsatz Künstlicher Intelligenz und Industrial Edge
- Kooperation zwischen Forschung und Industrie: Regionaler Lösungsanbieter Hansa Klimasysteme mit Hochschule Emden und Siemens als Partner
- Die Herausforderung – Kostentreiber Energie
„Als Betreiber einer kommunalen Schwimmhalle müssen wir die Höhe der Energiekosten genau im Blick behalten. Gleichzeitig möchten wir aber auch den Wohlfühlfaktor unserer Besucher bedienen. Dazu sollte die Raumlufttemperatur angenehm sein, während andererseits die Luftfeuchtigkeit so niedrig gehalten werden muss, dass, eventuelle Bauschäden am Schwimmbadgebäude vermieden werden. Das ist keine einfache Aufgabe, denn bei Wassertemperaturen um die 30 °C verdunsten je Quadratmeter Wasseroberfläche etwa 0,4 Liter Wasser pro Stunde“, erläutert Jörg Schlösser, Schwimmmeister des Schwimmbades in Ramsloh die Herausforderungen der Betreiber öffentlicher Bäder.
Kooperation zwischen Forschung und Industrie
„Es hat sich sehr gut gefügt, dass sich unser in der Region ansässiges Unternehmen Ende 2017 für das von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderte Forschungsprojekt die Hochschule Emden als Forschungspartner ins Boot geholt hat. Ziel des Projekts war es, die optimalen Bedingungen in einer Schwimmhalle in Bezug auf Temperatur und Luftfeuchtigkeit zu erreichen und dabei gleichzeitig so energieeffizient wie möglich zu sein“, so Dr. Matthias Lamping, Geschäftsleiter von HANSA Klimasysteme. Gefügt hat es sich, dass das Freizeitbad Saterland, nur wenige Kilometer vom Unternehmenssitz von HANSA Klimasysteme entfernt, die in die Jahre gekommenen Lüftungsgeräte tauschen musste, als das genannte Forschungsprojekt begann. Das Schwimmbad wurde in der Folge mit einer neuen Lüftungsanlage ausgestattet und diese konnte nun für das Forschungsprojekt genutzt werden. Zu dem Zweck durfte HANSA Klimasysteme im Gebäude und an der Anlage weitere Sensoren anbringen und zu Forschungszwecken jederzeit ins Schwimmbad kommen.
Höhere Energieeffizienz dank KI-basierter Prognose
Nach dem Start der Kooperation zwischen Schwimmbad, HANSA Klimasysteme und den Beteiligten des Forschungsprojekts der Hochschule Emden wurden ein Jahr lang die Daten aus den angeschlossenen Sensoren gesammelt. Dabei handelte es sich nicht nur um Daten aus dem Lüftungsgerät zu Temperatur, Luftfeuchtigkeit oder Energieverbrauch, zusätzlich lieferten Sensoren Informationen über Wetterbedingungen oder zur Anzahl der Besucher im Schwimmbad. Parallel zur Datenerfassung wurden auf neuronalen Netzen basierende Modelle mit diesen Daten gefüttert. Dieses von der Hochschule Emden mit entwickelte KI-basierte Modell kann damit selbstlernend seine Regelparameter ermitteln und optimieren. Das Modell erkennt selbstständig, welche Maßnahme am besten geeignet ist, um die angestrebten Bedingungen in der Schwimmhalle bei möglichst hoher Energieeffizienz zu erreichen.
Kleines Edge-Gerät mit großer Konnektivität
„Im Laufe des Projektes wurde allen Beteiligten schnell klar: Es braucht eine Plattform, auf der das modellbasierte Steuerungssystem abläuft und die eine Schnittstelle zur Speicherprogrammierbaren Steuerung bildet, um an die benötigten Daten von dort zu gelangen“, resümiert Christian Seltz, Abteilungsleiter MSR bei HANSA. „So sind wir als langjähriger Partner auf Siemens in Bremen zugegangen, zunächst nur auf der Suche nach einem herkömmlichen Industrie-PC, mit dem man eine VPN-Verbindung aufbauen kann.“
„Da ich hinter der von HANSA Klimasysteme angestrebten Lösung gleich das Handling von großen Datenmengen sah, riet ich in unseren gemeinsamen Beratungen zu einer Edge-Lösung. Mit unserem brandneuen Industrial Edge-Gerät SIMATIC IPC227E fanden wir also eine viel passendere Lösung im Siemens-Portfolio, die nicht nur die Sicherheitsstandards erfüllt und industrietauglich ist, sondern sich aufgrund hoher Konnektivität auch problemlos in Bestandsanlagen einbauen lässt“ erläutert Thorsten Wolf, Vertriebsmitarbeiter und Digitalisierungsexperte bei der Siemens AG in Bremen die Entscheidung des Kunden und Partners.
Edge-Apps für eine intelligente Klimaregelung
Edge Computing bezeichnet im Gegensatz zum Cloud Computing die dezentrale Datenverarbeitung am Rand eines Netzwerks, der sogenannten Edge (engl. für Rand oder Kante). Die Berechnungen werden dabei dezentral dort vorgenommen, wo die Daten tatsächlich entstehen, beziehungsweise erhoben werden. Ziel ist es, dass Datenströme ressourcenschonend zumindest teilweise an Ort und Stelle, z. B. direkt am Endgerät oder innerhalb einer Fabrik, verarbeitet werden. In der näheren Vergangenheit wurde der Großteil der anfallenden Berechnungen in Rechenzentren durchgeführt. Allein durch die physische Distanz entstehen jedoch Verzögerungen in der Datenübertragung, die kurze Reaktionszeiten verhindern. Ein weiterer Vorteil von Edge-Computing sind die dezentral aus der Entfernung – in der Regel über das Internet - durchführbare Wartung und Softwarepflege.
Der in der hier vorgestellten Lösung eingesetzte SIMATIC IPC227E wird als Edge Gerät im offenen Ökosystem Industrial Edge von Siemens betrieben. Die Edge-App Flow Creator unterstützt dank der grafischen Bedieneroberfläche mit einem Satz vordefinierter Funktionen beim Erstellen einer Lösung für die Datenverarbeitung und Konnektivität. Zudem wird auch die Edge-Applikation LiveTwin genutzt, die sich zu Beginn des Projekts gerade bei Siemens in der Entwicklungsphase befand und die HANSA Klimasysteme dann als Pilotkunde einsetzte. Mit LiveTwin lassen sich Simulationsmodelle auf Edge-Geräten integrieren, um beispielsweise eine vorausschauende Steuerung zu ermöglichen, wie es für das Forschungsprojekt nötig war. „Mit der Edge-App können wir die Modelle, die wir in Matlab Simulink erstellen, in die Sprache des IPCs übersetzen“, so Seltz.
20 Prozent Energie eingespart
Das Ergebnis: Wo früher die Steuerung der Lüftungsanlage lediglich auf eingetretene Ereignisse, wie steigende Besucherzahlen oder höhere Luftfeuchtigkeit reagiert hat, ist nun eine vorausschauende Regelung möglich, bevor bestimmte Ereignisse überhaupt eintreten. Durch die Modellierung der Geräte und des Gebäudes wird immer der energieeffiziente Betriebszustand eingestellt. Das Freizeitbad kann dadurch letztlich durchschnittlich etwa 20 Prozent der ursprünglich benötigten Energie einsparen. In einem nächsten Schritt soll diese Komplettlösung nun auch in anderen Schwimmbädern zum Einsatz kommen – in drei weiteren Schwimmhallen der Region Nordwest-Niedersachsen ist das schon der Fall und die Ergebnisse sind auch hier sehr vielversprechend.
Doch nicht nur für Schwimmbäder soll die Lösung künftig zugänglich sein. Geplant ist, die Komplettlösung Schritt für Schritt auch auf die anderen Produktlinien zu übertragen und beispielsweise für die Pharma- oder die Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie weiterzuentwickeln. Je nach Kunde und den jeweiligen Anforderungen vor Ort muss dann lediglich das Modell in Matlab Simulink angepasst und mit LiveTwin auf das Edge-Gerät geladen werden. Demnach könnte es vielen Industriekunden bald gehen wie dem Freizeitbad Saterland: Anhand von Livedaten könnten sie eine intelligente, energieeffiziente und somit ressourcenschonende Klimaregelung realisieren. „Natürlich ist das Einsparpotenzial bei Schwimmbädern sehr hoch, da sie zu den energieintensivsten Gebäuden zählen. Doch prinzipiell steht die Grundlage und kann künftig auch in anderen Branchen, bei denen unsere Lüftungsgeräte im Einsatz sind, zur Energieeinsparung beitragen“, so Dr. Matthias Lamping über die Perspektiven der im Saterland entwickelten Energiesparlösung.
Industrial Edge – Daten aus der Produktion sinnvoll und schnell nutzen
Was verbirgt sich hinter dem Schlagwort Industrial Edge? Die digitale Transformation der Industrie sorgt für einen ungebremsten Anstieg der Menge an erzeugten Daten. In Produktionsmaschinen, bei Prozessen und Anlagen entstehen Daten mit wertvollen Informationen für die Unternehmen: Durch ihre sinnvolle Nutzung können Prozesse und Produkte optimiert, Betriebsmittel besser genutzt und die Wartung besser planbar gemacht werden.
Die neue Edge-Computing-Plattform von Siemens besteht aus Edge Geräten, Edge Apps und Edge Konnektivitäten innerhalb einer zentralen Applikations- und Geräte-Management-Infrastruktur. Auf dem IPC läuft nicht nur das modellbasierte Steuerungssystem, sondern auch die Edge-Applikation Flow Creator, die für die problemlose Kommunikation zwischen IPC, SPS und Cloud sorgt.
Industrial Edge Apps, wie der Flow Creator von Siemens, ermöglichen die Einbettung von Informationstechnologie wie objektorientierte Programmierung, Datenbanken, Datenschichten und künstlicher Intelligenz in die Steuerungsebene. Industrial Edge App LiveTwin ist mit der Industrial Edge App Flow Creator in das Ökosystem Siemens Industrial Edge integriert. Diese Integration ermöglicht es dem Benutzer, mit dem Wireframe der App Flow und der Portabilität von Simulationsmodellen von LiveTwin, unter anderem Daten vorzuverarbeiten und zu sammeln.
Die mittelständische HANSA Klimasysteme GmbH (Saterland/ Niedersachsen) beschäftigt im Saterland und bundesweit mehr als 170 Mitarbeiter und produziert überwiegend Lüftungs- und Klimageräte für z. B. Rechenzentren, Industrieunternehmen und Schwimmbäder. Das Produktportfolio lässt sich in verschiedene Linien unterteilen, die je nach Anwendungsgebiet für die unterschiedlichen Branchen nutzbar sind.
Die Siemens AG (Berlin und München) ist ein Technologieunternehmen mit Fokus auf die Felder Industrie, Infrastruktur, Mobilität und Gesundheit. Ressourceneffiziente Fabriken, widerstandsfähige Lieferketten, intelligente Gebäude und Stromnetze, emissionsarme und komfortable Züge und eine fortschrittliche Gesundheitsversorgung – das Unternehmen unterstützt seine Kunden mit Technologien, die ihnen konkreten Nutzen bieten. Durch die Kombination der realen und der digitalen Welten befähigt Siemens seine Kunden, ihre Industrien und Märkte zu transformieren und verbessert damit den Alltag für Milliarden von Menschen. Siemens ist mehrheitlicher Eigentümer des börsennotierten Unternehmens Siemens Healthineers – einem weltweit führenden Anbieter von Medizintechnik, der die Zukunft der Gesundheitsversorgung gestaltet. Darüber hinaus hält Siemens eine Minderheitsbeteiligung an der börsengelisteten Siemens Energy, einem der weltweit führenden Unternehmen in der Energieübertragung und -erzeugung. Im Geschäftsjahr 2021, das am 30. September 2021 endete, erzielte der Siemens-Konzern einen Umsatz von 62,3 Milliarden Euro und einen Gewinn nach Steuern von 6,7 Milliarden Euro. Zum 30.09.2021 hatte das Unternehmen weltweit rund 303.000 Beschäftigte.
Reference Number: DECOPR20220802297DE

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