Erste automatisierte Schleuseneinfahrt eines Binnenschiffs
11.04.2022
Köln-Porz: Schleuseneinfahrten gehören zu den anspruchsvollsten Manövern in der Binnenschifffahrt. Zukünftig sollen Schiffe automatisiert in Schleusen einfahren, um die Sicherheit für Mensch, Schiff und Infrastruktur auch unter schwierigen Bedingungen zu gewährleisten. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelten eine Technologie zur hochgenauen satellitenbasierten Positionierung von Binnenschiffen. In einer Realdemonstration im Projekt SCIPPPER (SChleusenassistenzsystem basierend auf PPP und VDES für die BinnenschifffahRt) wurde damit zum ersten Mal eine automatisierte Schleuseneinfahrt erfolgreich durchgeführt.
- DLR entwickelt Technologie zur hochgenauen satellitenbasierten Positionierung von Binnenschiffen.
- Im Projekt SCIPPPER wurde weltweit zum ersten Mal eine automatisierte Schleuseneinfahrt erfolgreich durchgeführt.
- Mit dem Assistenzsystem können zukünftig Schleuseneinfahrten auch bei schlechter Sicht sicher automatisiert durchgeführt werden und vermindern die mentale Belastung der Schiffsführerinnen und Schiffsführer.
- Schwerpunkte: Verkehr, Digitalisierung, automatisiertes Fahren, maritime Sicherheit, Navigation, Binnenschifffahrt
Zentimetergenaues Manövrieren durch Schleusen
Bei einer typischen Schleusenbreite von 12 Metern und einer Schiffsbreite von 11,4 Metern bleiben nur wenige Zentimeter Seitenabstand. Daher erfordern solche Manöver absolute Genauigkeit und höchste Konzentration auch für erfahrene Schiffsführerinnen und Schiffsführer. Zudem können wetterbedingt schlechte Sichtverhältnisse das Schleusen zu einer großen Herausforderung werden lassen. Nicht selten kommt es dabei zu Beschädigungen an Schiff und Schleuse.
Im vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderten und von der Firma Argonics GmbH geleiteten Verbundvorhaben SCIPPPER hat das DLR-Institut für Kommunikation und Navigation zusammen mit den Partnern Alberding GmbH, Argonav GmbH, Bundesanstalt für Wasserbau (BWA), Weatherdock AG und der Fachstelle für Verkehrstechnik (WSV) ein Assistenzsystem für die automatisierte Schleusenfahrt entwickelt. Bei Testfahrten in Strasbourg auf der MS Victor Hugo konnte gezeigt werden, dass die Position und die Lage eines Schiffes auch unter den schwierigen Umgebungsbedingungen einer Schleuse bis auf zehn Zentimeter genau bestimmt werden kann.
Foto: Schleuseneinfahrt der MS Victor Hugo - in einer Realdemonstration im Projekt SCIPPPER wurde zum ersten Mal eine automatisierte Schleuseneinfahrt erfolgreich durchgeführt. Dies wurde durch eine Technologie zur hochgenauen satellitenbasierten Positionierung von Binnenschiffen möglich. Foto: DLR Credit: CC BY-NC-ND 3.0. Deutschland.
Ziel des Verbundprojektes SciPPPer (SChleusenassistenzsystem basierend auf PPP und VDES für die BinnenschifffahRt) ist die Entwicklung eines Fahrerassistenzsystems für die Automatisierung der Schleusenfahrt von Binnenschiffen. Bei einer typischen Schleusenbreite von 12 Metern und einer Schiffsbreite von 11,4 Metern bleiben nur wenige Zentimeter Seitenabstand. Direkt unter der Brücke am Anfang der Schleuse verliert das Schiff kurzzeitig den Kontakt zu den einzelnen Satelliten. Kurz danach bekommt das Schiff aber schon wieder eine hochgenaue PPP Position von den Bug- und Heckantennen. Im Satelliten Skyplot (Grafiken rechts) der Bug- und Heckantennen sind die aktuell für die Schleuseneinfahrt genutzten Satelliten (GPS rot, Galileo grün) mit ihrer Richtung (Nord 0°, Ost 90°, Süd 180°, West 270°) und Elevation (Winkel über dem Horizont) in einem Polarkoordinatensystem dargestellt. Die Satelliten direkt über dem Schiff werden in der Mitte des Skyplots abgebildet.
Foto: Das Binnenschiff in der Schleuse - bei einer typischen Schleusenbreite von 12 Metern und einer Schiffsbreite von 11,4 Metern bleiben nur wenige Zentimeter Seitenabstand. Daher erfordern solche Manöver absolute Genauigkeit und höchste Konzentration auch für erfahrene Schiffsführerinnen und Schiffsführer. Foto: DLR Credit: CC BY-NC-ND 3.0. Deutschland.
Positionsbestimmung eines Schiffs innerhalb weniger Sekunden
Das Assistenzsystem nutzt hierfür Globale Navigationssatellitensysteme (GNSS) wie GPS und GALILEO. Für die für die Schleuseneinfahrt erforderliche Genauigkeit sind aber zusätzlich Korrekturdaten notwendig. Diese Korrekturdaten sollen zukünftig über das VDES (VHF Data Exchange System) bereitgestellt werden. Das VDES ist die nächste Generation des Kommunikationssystems Automatisches Identifikationssystem (AIS), das von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Instituts für Kommunikation und Navigation in Oberpfaffenhofen mitentwickelt und im internationalen Standardisierungsprozess begleitet wird. Die Daten werden mithilfe eines flächendeckenden Netzwerks von Referenzstationen entlang der Wasserstraßen gewonnen. „Im Gegensatz zum AIS verfügt das VDES über eine größere Bandbreite und ermöglicht so eine störungsfreiere Datenübermittlung zwischen den Schiffen, den Basisstationen und dem Wasserschifffahrtsamt“, sagt Ronald Raulefs vom DLR-Institut für Kommunikation und Navigation in Oberpfaffenhofen.
Mit den terrestrischen Korrekturdaten und den Signalen der globalen Navigationssatelliten wird mithilfe der Methode des Precise Point Positioning (PPP) die Position und Lage des Schiffes bestimmt. Herkömmliche PPP-Verfahren haben den Nachteil, dass sie einige Minuten Einlaufzeit benötigen, um eine hochgenaue Position zu bestimmen. „Beim Unterqueren von Brücken oder in hohen Schleusenkammern wird der Empfang von Satellitensignalen oftmals unterbrochen und verhindert eine Positionsbestimmung. Für die automatisierte Schleusenfahrt ist eine hochgenaue Positionierung möglichst schnell nach den Abschattungen notwendig“, erklärt Ralf Ziebold vom DLR-Institut für Kommunikation und Navigation in Neustrelitz.
Mittels globaler Korrekturen wie Satellitenorbit- und Uhrenfehler sowie zusätzlicher lokaler atmosphärischer Korrekturen haben die DLR-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein PPP-Verfahren entwickelt, das die Einlaufzeit auf wenige Sekunden reduziert.
Sensoren erfassen Schiffsumgebung in der Schleusenkammer
Zusätzlich ist das Assistenzsystem mit Nahbereichssensoren ausgestattet. Dabei überprüft ein LIDAR (Light detection and ranging) die unmittelbare Umgebung des Schiffs. Die Sensoren erfassen Bug- und Heckbereich und können insbesondere innerhalb der Schleusenkammer die Lage des Schiffes dezimetergenau erfassen. „Mit dem Assistenzsystem können Schleuseneinfahrten zukünftig auch bei schlechter Sicht sicher automatisiert durchgeführt werden und vermindern dadurch zugleich die mentale Belastung der Schiffsführerinnen und Schiffsführer,“ ergänzt Ziebold.
Weiterentwicklung und Tests
Bei den Testfahrten im Februar 2022 konnte die MS Victor Hugo mithilfe der SCIPPPER-Technologie mehrere Male erfolgreich automatisch in eine Schleuse einfahren. Im Rahmen des laufenden Aufbaus des digitalen Testfelds für automatisierten Verkehr an der Spree-Oder-Wasserstraße plant das DLR Komponenten des Assistenzsystems weiterzuentwickeln und zusammen mit Industriepartnern zur Marktreife zu führen.

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