BDC: Wo kommen die Krankenhaus - Keime in Wirklichkeit her?
09.03.2014
Nürnberg: Der Berufsverband der Deutschen Chirurgen warnt auf dem Bundeskongress Chirurgie 2014 vor den zunehmenden Gefahren von multiresistenten Keimen. Jährlich infizieren sich in Deutschland rund 600.000 Menschen mit diesen Keimen. Rund 22.000 von ihnen sterben daran. Prof. Dr. Julia Seifert, Vizepräsidentin des BDC warnt: „Infektionen, die durch sogenannte multiresistente Bakterien verursacht sind, sind nur noch durch wenige, im ungünstigen Fall gar keine Antibiotika mehr behandelbar. Die größten Risiken tragen Kinder, weil sie ein noch nicht voll ausgebildetes Immunsystem haben und Menschen mit geschwächtem Immunsystem, z.B. schwerst kranke Patienten oder alte Menschen mit chronischen Erkrankungen, wie Diabetes, Asthma u.a. .“
In der Öffentlichkeit wird meist von „Krankenhaus“-Keimen geredet. Doch die meisten Erreger kommen nicht aus den Kliniken, sondern werden in sie hineingeschleppt. Doch wo kommen diese Erreger nun eigentlich her?
In der Tiermast in Deutschland werden jährlich 1700 Tonnen Antibiotika eingesetzt. Aquafischzuchtanlagen, Teichwirtschaft, Obst- und Gemüsebau verbrauchen Antibiotika in großen Mengen. Abgeschwächte Konzentrationen von Antibiotika gelangen so auch in die Abwässer von Kläranlagen, tragen in dieser Form zur Selektion Antibiotika-resistenter Bakterien bei. Ganz zu schweigen von der bakteriellen Kontamination von Importwaren: Fleisch, Fisch, Garnelen etc.
Landwirte, Tierärzte, Altenheime als Keim-Reservoir
Längst sind Landwirte und Tierärzte zu Keimträgern geworden. Darmkeime gelangen vor allem mit Hühnerfleisch und Salat in unsere Küchen. Alten- und Pflegeheime mit immunschwachen Menschen haben mit besonders vielen und hartnäckigen Erregern zu kämpfen. Der Tourismus und die zunehmende Mobilität der Menschen über alle Kontinente tragen zum Verschleppen multiresistenter Bakterien bei. 20 Prozent aller wiederkehrenden Touristen, die im Ausland in Praxen oder Kliniken behandelt wurden, sind kontaminiert.
In vielen Ländern gelten andere, nicht so strenge Hygiene-Vorschriften wie bei uns. Dazu kommt der laxe Umgang mit Antibiotika. In einigen Ländern, wie zum Beispiel Italien und Griechenland, geben Apotheken ohne Rezept Antibiotika heraus. Wenn es den Menschen nach zwei Tagen besser geht, setzen sie diese häufig eigenständig ab. Auch das trägt zur Ausbildung der Resistenz bei. Multiresistente Erreger finden sich überall - im Staub und natürlich auch an der menschlichen Hand, in den Atemwegen und im Darm.
Selbst minimale Dosen von Antibiotika wirken auf das Mikrobiom des menschlichen Darmes und führen zur Selektion bestimmter Bakterien-Arten. Ähnliches gilt sinngemäß für die Pilze.
Rückfall in die prä-antibiotische Ära
Wir schreiben das Jahr 2014. Tuberkulosekranke warten auf den Tod, weil seit 40 Jahren keine neuen Medikamente entwickelt wurden und Bakterien zunehmend gegen Antibiotika resistent werden. Jede sechste Ratte in Berlin trägt multiresistente Erreger. Einer steigenden Anzahl von Infektionen durch Antibiotika-resistente Bakterien stehen immer weniger neue Antibiotika gegenüber. Die WHO sieht darin eine der größten Gefahren für die menschliche Gesundheit und das Risiko in die präantibiotische Ära zurückzufallen."
Angepasste Maßnahmen in Kliniken, mehr Forschung und Screening
Derzeit werden unterschiedliche Maßnahmen in Krankenhäusern und Praxen intensiv evaluiert, die Entwicklung und Ausbreitung von Multiresistenten wird weiter erforscht. Alle Risikopatienten werden einem Screening unterzogen und im positiven Falle isoliert. Risikopatienten sind z.B. Menschen, die nach einem Auslandsaufenthalt in eine deutsche Klinik kommen oder z.B. Bewohner aus Altersheimen. Diese Patienten können Bakterien mitbringen, die in der Klinik dann weitere immungeschwächte Patienten gefährden. Eine Testung kostet zwischen 30 und 80 Euro. Eine Infektion jedoch kostet 3000€ oder mehr und bedroht möglicherweise das Leben.
Mit der Deutschen Antibiotika-Resistenz-Strategie (DART), mit den Hygiene-Initiativen in Krankenhäusern und Praxen sind erste Schritte in die richtige Richtung getan. Das neue Infektionsschutzgesetz reicht jedoch nicht aus, Herr des Problems zu werden. Wichtig ist es, bereits in die Kette der Entstehung der Multiresistenten einzugreifen und nicht erst im Krankenhaus zu handeln.
Antibiotika nach Resistenzlage entwickeln und zulassen
Die regulatorischen Rahmenbedingungen für die Zulassung von Antibiotika müssen geändert werden. Die alleinige Überlegenheitsnachweispflicht für neue Antibiotika muss fallen. Entscheidend ist die Resistenzlage. Lohnt sich die Entwicklung neuer Antibiotika aus betriebswirtschaftlichen Gründen für die Pharma-Industrie nicht mehr, wird diese zur Aufgabe, die Staat und Industrie verantwortungsbewusst, gemeinsam schultern müssen.
Seifert: „Für die Ärzte gilt: Antibiotika sollten nur bei sicher nachgewiesenen bakteriellen Infektionen eingesetzt werden. Für Patienten gilt: niemand sollte Antibiotika-Therapien vorzeitig abbrechen, nur weil es ihm nach kurzer Zeit wieder besser geht.“
Und die Hygiene zu Hause?
Seifert: „Eine sterile Umgebung ist nicht möglich und wäre auch nicht förderlich. Der Mensch muss mit den einzelnen Bakterien, Mikroben und Pilzen in Kontakt kommen (gerade im Kindesalter), um einen Schutz auszubilden. Also Desinfektionsmittel in die Wäsche zu geben oder ständig damit zu putzen ist sicher nicht sinnvoll. Allerdings ist auf eine gute Hand-Hygiene zu achten. Und: niemand sollte sein Kind zum Beispiel in der S-Bahn auf dem Boden krabbeln und dann die Hände ablecken lassen. Zudem ist es eine sogenannte Bürgerpflicht, von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlene Impfungen wahrzunehmen, z.B. gegen Polio und Masern.“ (Pressemeldung vom 09.03.2014)

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